Trotz voller Auftragsbücher steht das Handwerk vor immensen Herausforderungen. Die Energiepreise explodieren, Lieferketten werden immer wieder unterbrochen. Auch der Fachkräftemangel ist weiterhin ein Problem. In den ersten Handwerksbetrieben droht bereits die Schließung. Doch das muss nicht sein, so der Unternehmensberater Hermann-J. Kreitmeir.
Der 1960 geborene Diplom-Betriebswirt Kreitmeir verfügt über eine breitgefächerte Erfahrung im Bereich Unternehmensführung, Personal und Organisation. Mit seiner Agentur „Kreitmeir & Partner“ ist er seit 2008 als Berater und Coach von Handwerksunternehmen aus der SHK-Branche tätig. Im Interview erklärt er, wie sich der Gewinn und das Betriebsklima in einem Handwerksbetrieb ohne große Neuinvestitionen deutlich optimieren lassen.
Herr Kreitmeir, zahlreiche Handwerksbetriebe haben gerade mit enormen Preissteigerungen wie explodierenden Energiekosten zu kämpfen. Viele meinen, sich eine Unternehmensberatung nicht leisten zu können. Wie sehen Sie das?
Das ist zu kurz gedacht. Gerade in der gegenwärtigen Situation kann man durch eine Optimierung der Betriebsabläufe bares Geld sparen. Und zwar mehr, als es die meisten Unternehmer für möglich halten.
Optimierung der Betriebsabläufe klingt nach einer Investition in die Zukunft. Aber ändert sie auch den Ist-Zustand?
Doch, eindeutig. Nicht nur nach meiner eigenen Beobachtung, sondern auch nach Einschätzung der Mitarbeitenden arbeitet ein Team an jedem Arbeitstag für mehrere Stunden ineffizient. Die Gründe dafür? Zuständigkeiten werden nicht abgesprochen, Kompetenzen kleingeredet oder sie sind weder der Betriebsleitung noch den Kollegen bekannt. Verantwortungen werden intern weitergereicht, weil sie mit zu vielen Fallstricken verknüpft sind. Das bremst die Arbeit des kompletten Teams aus.
Welche konkreten Beispiele können Sie dazu nennen?
Heinz Mustermann setzt sich morgens in den Servicewagen, um auf die Baustelle zu fahren. Unterwegs erreicht ihn ein Anruf, dass auf einer weiteren Baustelle ein Werkzeug fehlt, das in seinem Wagen liegt. Also muss er einen Umweg fahren. Wenn er sein eigentliches Ziel schließlich erreicht, stellt er fest, dass auch sein eigenes Material nicht vollständig ist. Denn der eigentlich für die Bestückung zuständige Kollege war am Vortag krank und die Vertretung hat offenbar nicht gut funktioniert.
Heißt: Alles muss man selbst machen?
Nicht ganz. Doch wenn die Betriebsleitung beispielsweise anhand einer Qualifikationsmatrix den Überblick über die Befähigungen des Teams behält, kann sie den einzelnen Mitarbeitenden mehr Verantwortung übertragen. Jeder Mitarbeiter, der Dienst nach Vorschrift macht, ist ein Bremsklotz für den Betrieb. Verantwortung hingegen hilft, einen Sinn im eigenen Tun zu erkennen. In diesem Fall beispielsweise ist jeder für die Kontrolle seines Werkzeugs selbst zuständig.
Mehr Verantwortung bedeutet auch mehr Arbeit. Schütteln die Leute da nicht den Kopf?
Keineswegs. Im persönlichen Gespräch zeigt sich, dass sich die Mitarbeitenden vielmehr an organisatorischem Chaos und den damit verbundenen Verzögerungen stören. Die Leute wollen arbeiten und nicht Däumchen drehen. Außerdem: Verantwortung stärkt die Gewissenhaftigkeit und die wiederum führt zu einer höheren Wertschätzung der eigenen Arbeit. Ein zusätzliches Incentive kann auch eine finanzielle Belohnung für besonders engagierte und verantwortungsbewusste Mitarbeitende sein. Solch ein Bonussystem muss nur gut durchdacht sein, damit es eine positive Wirkung hat.
Wird der gesteigerte Gewinn dadurch nicht wieder aufgefressen?
Höchstens zum Teil. Eine gute Möglichkeit für die Motivierung des Teams besteht etwa darin, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zumindest teilweise leistungsbezogen auszuzahlen. Wer sich besonders reinkniet, darf sich auch über eine entsprechende Vergütung freuen. Hier können natürlich auch andere Faktoren mit einfließen, wie etwa das Sozialverhalten.
Das Sozialverhalten?
Ja. In jedem Betrieb finden sich Mitarbeitende, die das Team motivieren. Das sind jene, die ihre Arbeit auch als Berufung verstehen und deshalb nicht minutengenau den Hammer fallen lassen. Diese Menschen erfreuen sich im Kollegenkreis einer großen Wertschätzung. Ganz anders als die „Störenfriede“, die immer nur den eigenen Vorteil im Sinn haben. Fachliche Qualifikation wird zweitrangig, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen durch das unsoziale Verhalten Einzelner bei der Arbeit nicht mehr wohlfühlen. Wenn es das Betriebsklima verbessert, muss man manchmal auch den Mut haben, sich von Fachkräften zu trennen.
Abschließend gefragt: Wie viel Geld lässt sich durch Optimierungen in einem Unternehmen einsparen?
Je nach Einzelfall. Wenn wir davon ausgehen, dass alle Mitarbeitenden derzeit zwei Stunden täglich aufgrund von ineffizienten Abläufen verschenken, kommen wir in einem zwanzigköpfigen Betrieb bereits auf einen sechsstelligen Betrag pro Jahr. Die Kosten für eine Unternehmensberatung indes fallen oft nur einmalig an.
Lieber Herr Kreitmeir, wir danken Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.kreitmeir-partner.de