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Moderne Technologien verlangen Köpfchen, keine Oberarme

Stefan Ehinger und Diana Betances vom Betrieb Elektro Ehinger in Frankfurt im Interview über Mythen und die Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern.

Frauen können körperlich nicht so anpacken wie ihre männlichen Kollegen, eine zweite Toilette muss installiert werden und dann könnte eine plötzliche Schwangerschaft lange Ausfallzeiten mit sich bringen: Es gibt viele Mythen, warum Betriebe angeblich keine Frauen einstellen. Dabei geht es heutzutage längst nicht mehr nur um körperliche Arbeit. Technisches Knowhow und Feingefühl sind genauso gefragt.

Und Elternzeit ist bei Männern mittlerweile ebenfalls gang und gäbe. Alte Klischees scheinen dennoch in vielen Köpfen fest verankert zu sein. Eine Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen hat nun aber ergeben, dass in vielen Betrieben derzeit ein Generationenwechsel stattfindet, der sich auch auf Rollenbilder und Einstellungskriterien auswirkt. 

Stefan Ehinger und Diana Betances vom Betrieb Elektro Ehinger in Frankfurt erzählen uns im Interview, was sie von den Mythen halten und wie sie die Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern im Alltag erleben.


1. Herr Ehinger, der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel in Deutschland ist ein viel diskutiertes Thema. Sie gehören seit letztem Jahr zu den Innovationsführern des deutschen Mittelstands und haben sogar eine eigene Ausbildungsabteilung. Etwas, das nicht viele Handwerksbetriebe vorweisen können. Um Nachwuchskräfte müssen Sie sich sicher keine Sorgen machen, oder?
Nachwuchsgewinnung ist eines der zentralen Themen im Handwerk, auch in unserem Betrieb. Es ist richtig, dass wir einiges für die gute Ausbildung unseres Nachwuchses tun, trotzdem ist auch für uns die Nachwuchsgewinnung nicht leicht. Wir haben zwar etwas mehr Bewerber als Ausbildungsstellen, aber Quantität ist ja nicht immer gleich Qualität.

2. Wie viele Frauen bewerben sich im Schnitt für eine Ausbildung? Ergreifen Sie Maßnahmen, um gezielt mehr Frauen anzuwerben?
Leider viel zu wenige. Dieses Jahr keine einzige. Dabei haben wir sehr gute Erfahrungen mit weiblichen Auszubildenden gemacht, sdass eine Bewerberin sicherlich sehr gute Chancen hat, genommen zu werden. Wir gehen gezielt an Schulen, halten Infoveranstaltungen zusammen mit diversen Bildungsträgern ab und nehmen an  Berufsmessen teil. Dabei sprechen wir auch immer besonders um junge Frauen an. Auch die Nachwuchskampagne unseres Verbandes (www.ezubis.de) ist verstärkt auf Frauen ausgerichtet. 

3. Von über 150 Mitarbeitern sind bei Ihnen 11 Frauen beschäftigt – gerade einmal 7 Prozent. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe für den niedrigen Frauenanteil –  sowohl auf Unternehmens- als auch auf gesellschaftlicher Ebene?
Wenn wir auf den o.g. Veranstaltungen mit jungen Frauen ins Gespräch kommen, können die allermeisten sich nicht mal vorstellen, eine Ausbildung in einem technischen Beruf zu machen. Was mich dabei erschreckt, ist, dass gerade viele junge Frauen noch immer sehr klassische Rollenbilder im Kopf haben. Diese verfestigen sich offensichtlich schon viel früher. Wenn wir mit jungen Menschen im Rahmen der Berufsorientierung ins Gespräch kommen, ist es häufig schon zu spät. Da sind das Elternhaus, aber auch Kindergarten und Schule gefordert. Letztlich müssen wir in der gesamten Gesellschaft für ein Umdenken sorgen. Eine Ausbildung im Elektrohandwerk besteht nicht nur aus Schlitze klopfen und Kabel ziehen. Moderne Technologien verlangen vielmehr Köpfchen und Verständnis das für teilweise komplexe Zusammenhänge.

4. Haben die Frauen in Ihrem Betrieb die Möglichkeit, flexible Arbeitsmodelle z.B. aus familiären Gründen in Anspruch zu nehmen? 
Natürlich. Nicht nur Frauen, auch Männer. Wir haben sowohl im Büro, als auch auf den Baustellen einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Moment in Teilzeit arbeiten. Übrigens ist auch die Rückkehr in Vollzeit kein Problem. Zwei Mitarbeiterinnen im Büro haben aktuell ihre Arbeitsstunden erhöht, da die familiäre Situation dies zulässt. Auch mit Home-Office-Tätigkeiten experimentieren wir im Moment. Wir finden zusammen mit dem Mitarbeiter in der Regel immer eine individuelle Lösung. 

5. Hartnäckig hält sich die Behauptung, dass Betriebe bewusst keine Frauen einstellen wollen – zumindest in männertypischen Berufen. Sie gehören dabei zu den größeren Handwerksbetrieben im Rhein-Main-Gebiet. Eine zweite Toilette für Frauen dürfte bei Ihnen also kein Thema sein. Können Sie sich dennoch vorstellen, dass der Einbau einer zweiten Toilette oder Umkleide oder die Gefahr des längeren Ausfalls aufgrund von Schwangerschaft Gründe sind, warum Frauen eher ungern eingestellt werden?
Der Mythos der getrennten Toilette hält sich ja schon immer hartnäckig. Dabei gilt das auf Baustellen in der Regel gar nicht. Und auch im Büro gibt es insbesondere für kleinere Betriebe auch gelockerte Bestimmungen. Das halte ich eher für eine Ausrede. Das so etwas Schönes wie eine Schwangerschaft als „Gefahr“ gesehen wird, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Natürlich ist der Ausfall einer guten Mitarbeiterin oder eines guten Mitarbeiters für jeden Betrieb ein Problem, egal aus welchen Gründen. Aber jemanden erst gar nicht einzustellen, weil er oder sie vielleicht ausfallen könnte, ist doch keine Lösung. Ich glaube daher nicht, dass Frauen ungern eingestellt werden. Es gibt leider einfach nur sehr wenige in unserem Berufsfeld, was ich sehr bedauere! 

6. Frau Betances, Sie haben in diesem Jahr erfolgreich Ihre Ausbildung zur Elektronikerin für Energie- und Gebäudetechnik abgeschlossen – und das als beste weibliche Absolventin. Herzlichen Glückwunsch noch einmal dazu! Sie sind sicher stolz auf sich, dass Sie eine für Frauen untypische Ausbildung mit Bravur gemeistert haben, oder?
Ja, natürlich bin ich sehr stolz.

7. Streben Sie auch noch den Meistertitel an?
Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Zuerst möchte ich aber noch mehr Erfahrung sammeln, damit ich für den Meister besser vorbereitet bin.

8. Wie kam es überhaupt zu der Entscheidung, Elektronikerin werden zu wollen?
Ich habe in meiner Heimat, in der Dominikanischen Republik, eine technische Schule besucht. Dort hatte ich die Auswahl zwischen verschiedenen technischen Schwerpunkten und habe mich für Elektrotechnik entschieden, da dies meiner Beruflichen Neigung entspricht und ich schon immer besser mit Männern als mit Frauen zusammengearbeitet habe. 

9. War für Sie von vornherein klar, nach der Ausbildung in der Firma Ehinger weiterzuarbeiten oder hatten Sie auch noch andere Perspektiven in Aussicht?
Die Arbeit im Team bei Elektro Ehinger hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Deswegen war und bin ich froh, weiterhin hier zu arbeiten. Natürlich möchte ich mich auch noch weiterbilden und hoffe, dass das auch bei Elektro Ehinger möglich ist.

10. Nun sind Sie zum Teil eigenverantwortlich auf Baustellen unterwegs und übernehmen Führungsaufgaben. Haben Sie dabei auch mit Vorurteilen gegenüber Ihnen als Frau zu kämpfen? Fühlen Sie sich manchmal benachteiligt?
Nein, ich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht. Im Gegenteil, manchmal sind die Kollegen sogar etwas neidisch, weil ich mit allen auf der Baustelle so gut klarkomme.

11. Wie würden Sie dabei die Zusammenarbeit mit Ihren männlichen Kollegen beschreiben?
Meine Kollegen erkennen mich als Teil des Teams an. Wir arbeiten alles sehr gut zusammen. Außerdem fand ich schon immer, dass die Arbeit mit Männern entspannter ist.

12. Zu guter Letzt: Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe, warum sich so wenige Frauen im Handwerk bewerben?
Und warum ist Elektronikerin für Sie so etwas wie ein Traumberuf?
Ich glaube, dass das häufig vom Elternhaus kommt. Mädchen bekommen oft vorgelebt, frauentypische Berufe auszuüben. Auch meine Mutter hat es zunächst nicht verstanden, dass ich Elektronierin werden wollte. Heute findet sie es aber sehr gut.Ich hatte schon immer ein gutes technisches Verständnis. Ein Traumberuf ist es für mich weil ich abends sehe, dass ich etwas geschafft habe. Wenn ich abends nach Hause gehe, weiß ich, was ich an dem Tag geleistet habe und kann stolz auf das Erreichte sein.

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