Den Beruf des Schornsteinfegers gibt es seit Hunderten von Jahren. Dabei haben sich die Aufgaben stetig weiterentwickelt. Doch die Pläne der Bundesregierung, Öl- und Gasheizungen auf lange Sicht nicht mehr als alleiniges Heizgerät zu nutzen, sorgen für gravierende Veränderungen. Ist damit das Ende des Schornsteinfegerhandwerks besiegelt?
Die aktuellen Entwicklungen zeigen: Wir sind am Ende des fossilen Zeitalters angekommen. Wird die Energieversorgung langfristig nicht CO2-neutral, sind die Folgen für das Weltklima gravierend. Daher hat die Bundesregierung nicht nur beim Straßenverkehr eine Energiewende eingeleitet – sie nimmt mit einer neuen Gesetzesvorlage für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) auch die privaten Öl- und Gasheizungen ins Visier.
Auch wenn sich die Abkehr von fossilen Energieträgern etappenweise vollziehen wird: Heizsysteme wie Wärmepumpen, Solarthermie, Holz, Biogas oder Biomasse rücken nun in den Fokus. Die Auswirkungen treffen die Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger unmittelbar. Denn wo kein Kamin mehr benötigt wird, erübrigt sich auch das Kaminkehren.
Standpunkt des Schornsteinfegerhandwerks
Matthias Dinges, Schornsteinfeger und Gebäudeenergieberater, sieht der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes kritisch entgegen: „Viele meiner Kunden verfallen nun in Panik und sind unsicher. Die Menschen schmeißen die alte Anlage einfach raus und machen eine neue. Dadurch verbaut man sich aber eine CO2-neutrale Lösung. Darüber hinaus versuchen viele, durch solch ein Handeln die 65-Prozent-Regelung zu umgehen. Aber das ist alles andere als gut für das Klima. Im Sinne des Umweltschutzes sind diese Reaktionen völlig kontraproduktiv.“
Trotzdem betont der Schornsteinfegermeister die Dringlichkeit des energetischen Umbaus: „Natürlich müssen wir etwas ändern, nur hätte das schon längst passieren müssen. Aber in der Praxis sehe ich es sehr kritisch, ob und dass das Gesetz bei den Bürgern richtig ankommt.“ Der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks hat deshalb ein Positionspapier verfasst, das aus seiner Sicht notwendige Änderungen und Forderungen beinhaltet. Dazu zählen die Erfassung, energetische Abnahme und wiederkehrende Überprüfung von Wärmepumpen durch die zuständigen Schornsteinfeger.
Neue Aufgabenfelder für Schornsteinfeger
Das Dienstleistungsspektrum des Schornsteinfegerhandwerks umfasst heute weit mehr als die Kaminreinigung. Es kann Prozesse unterstützen sowie den wachsenden Wartungs- und Inspektionsmarkt entlasten. Das Handwerk fungiert als Sicherheits-, Umwelt- und Energieexperte, informiert neutral und hilft Verbrauchern, Energie und Kosten einzusparen. Allein in Hessen gibt es 570 Betriebe, in denen mindestens ein Mitarbeiter ein ausgebildeter Gebäudeenergieberater ist. Schon heute ist dieses Themengebiet für viele Schornsteinfeger deshalb ein zweites Standbein. Ebenso agieren sie als Zuarbeiter bei Energieberatungen und Heizlastberechnungen für andere, installierende Handwerke.
Schornsteine sind auch zukünftig für die Klimatisierung, vor allem aber für den Anschluss von Pellet- und Festbrennstoffheizungen sowie Kaminöfen unverzichtbar. Innungsmitglied Matthias Dinges sieht in der Wartung und Überprüfung von Lüftungsanlagen neue, für Schornsteinfegerbetriebe potenziell relevante Aufgabenfelder. Zusätzlich könnte auch die energetische Kontrolle von Wärmepumpen hinzukommen.
Bleibt die Frage, ob die schwarz gekleideten Frauen und Männer auch in Zukunft noch auf unsere Dächer steigen werden? Klar ist, dass die Gas- und Ölheizungen in Deutschland nicht sofort verschwinden, sondern nach und nach durch andere Heizsysteme ersetzt werden. Aktuell macht die Reinigungsarbeit am Kamin etwa die Hälfte der Arbeit aus. Dieses Verhältnis wird sich zu Gunsten anderer Aufgaben verschieben. Sorgen um die eigene berufliche Zukunft macht sich Matthias Dinges aber nicht: „Wir haben keine Angst, arbeitslos zu werden. Wir haben vorgesorgt, sind gut vorbereitet und haben immer noch eine Menge zu tun.“