In vielen traditionsreichen Handwerksbetrieben lässt sich der Wandel deutlich erkennen. Zwar wird aus Opas Heizungsbaubetrieb in der Enkelgeneration nicht plötzlich eine Bäckerei. Trotzdem haben sich die täglichen Routinen der modernen Arbeitswelt angepasst, zum Vorteil des Unternehmens und der Mitarbeitenden.
Mitarbeitende sind Mitredende
„Was der Chef sagt, wird gemacht.“ So war es schon vor Jahrhunderten und in letzter Konsequenz ist dies auch weiterhin richtig. New Work bedeutet allerdings auch, Mitarbeitende anzuhören, um Ideen und Wünsche zu berücksichtigen. Ob Anpassung der Arbeitszeiten, Verbesserung betrieblicher Abläufe oder Erweiterung des Portfolios: Die Angestellten sind mittendrin im Geschehen und liefern laufend Impulse, die sich positiv auf den Erfolg und das Betriebsklima auswirken können. Grundvoraussetzungen hierfür sind flache Hierarchien und ein stets offenes Ohr für die Anliegen des Personals. Im Zweifel hat die Geschäftsleitung das letzte Wort.
Fehler passieren – und können offen angesprochen werden
Irren ist menschlich und Fehler sind schon immer passiert. Das gilt insbesondere für das handwerkliche Missgeschick im Betrieb oder auf der Baustelle. Wer offen zu Pleiten, Pech und Pannen steht, muss sich keine Vorwürfe anhören. Gleichzeitig müssen aber auch beide Seiten dazu bereit sein, den Ursachen auf den Grund zu gehen und Wege zu finden, wie sich diese Probleme in der Zukunft verhindern lassen. Gleiches gilt auch für Schwierigkeiten, die erst auf den zweiten Blick sichtbar werden. Das kann zum Beispiel den Umgang mit einer neuen, aber schwierig zu bedienenden Maschine betreffen. Aber auch organisatorische Unwägbarkeiten im Homeoffice können ein Thema sein. Was ohne Scheu auf das Tableau gelegt wird, kann sich gar nicht erst zu einem schwerwiegenden Problem auswachsen.
Ein informiertes Team arbeitet besser
Insbesondere im Handwerk ist es wichtig, das gesamte Team über Planungen, Änderungen und künftige Vorhaben zu informieren. Denn zum einen müssen die Arbeitsschritte passgenau aufeinander abgestimmt sein. Außerdem gelingt die Arbeit besser, schneller und in guter Stimmung, wenn alle Beteiligten das Ziel oder die Hintergründe bestimmter Entscheidungen vor Augen haben.
Es ist unvermeidlich, dass einzelne Teammitglieder von einigen Abläufen nicht überzeugt sind. Die meisten Mitarbeitenden begreifen ein solches Vorgehen jedoch als Wertschätzung und Ansporn für eine gute Arbeit. In größeren Unternehmen kann ein regelmäßiger Newsletter für die Information des Teams eine gute Möglichkeit sein, im kleinen Handwerksbetrieb ist der regelmäßige Austausch beim Feierabendbier oft eine noch bessere Idee.
The only way is up? Nicht zwangsläufig …
Wie steht es um die Aufstiegschancen? Viele, aber längst nicht alle Mitarbeitenden möchten gerne Karriere machen und irgendwann selbst eine leitende Position erreichen. In einem modern denkenden Handwerksbetrieb bekommen Aufstiegswillige die Chance, durch eigenes Engagement und Weiterqualifizierung in eine leitende Position aufzusteigen. Gleichzeitig können all jene, die mit ihrer täglichen Routine vollumfänglich zufrieden sind, durch ihre gute Arbeit auf einen sicheren Job bauen. Wer dies beherzigt, erreicht eine freundschaftliche, manchmal sogar familiäre und dabei immer progressive Atmosphäre.
Und wofür das Ganze?
Viele ausgebildete, erfahrene Handwerker und Handwerkerinnen, aber auch angehende Auszubildende können gleich aus mehreren Jobangeboten wählen. Neben dem exakten Aufgabenbereich, dem Standort und der Bezahlung zählt dabei zunehmend auch der Ruf der möglichen Arbeitgeber. Ganz gleich, ob sich dieser im Sportverein, in der Cocktailbar oder über Bewertungsplattformen im Internet verbreitet: Die hier genannten Aspekte sind maßgeblich dafür verantwortlich, ob ein Handwerksbetrieb als guter Arbeitgeber wahrgenommen wird.
Engpassberufe: Wo die meisten Fachkräfte fehlen
Beruf: Fachkräftelücke*
Bauelektrik | 13.413 |
Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik | 11.445 |
Kraftfahrzeugtechnik | 4.229 |
Aufsicht und Führung im Verkauf | 3.999 |
Verkauf von Fleischwaren | 3.285 |
Holz-, Möbel- und Innenausbau | 3.094 |
Land- und Baumaschinentechnik | 2.289 |
Dachdeckerei | 2.193 |
Metallbau | 2.033 |
Augenoptik | 1.620 |
*Fachkräftelücke = offene Stellen, für die es bundesweit keine Arbeitslosen mit passender Qualifikation gibt
Worauf es besonders ankommt und wie wichtig die Arbeit aktuell bei der jüngeren Generation ist, bringen die Ergebnisse der Randstad-Mente-Factum-Arbeitnehmerbefragung 2021 an den Tag.
Die Frage, welchen Stellenwert die Arbeit in ihrem Leben einnimmt, beantworten zwar 80 Prozent vordergründig mit dem Geldverdienen, zwei Drittel der Befragten räumen aber auch dem Sinn der eigenen Tätigkeit eine hohe Priorität ein.
Rolle der Arbeit: Geld und Sinn müssen stimmen
Ich arbeite vor allem, um Geld zu verdienen | 80 % |
Ich möchte einen Sinn in meiner Arbeit sehen | 74 % |
Interessante und abwechslungsreiche Arbeitsinhalte sind mir wichtig | 70 % |
Mein Beruf ist ein wichtiger Teil meiner Persönlichkeit | 56 % |
Ich möchte mich als Experte für einen bestimmten Bereich qualifizieren | 52 % |
Ich identifiziere mich mit meinem Betrieb | 52 % |
Ich möchte durch meine Tätigkeit gesellschaftlich anerkannt werden | 43 % |
Mir ist wichtig, Arbeit und Privatleben vollständig voneinander zu trennen | 38 % |
Ich möchte eine Karriere als Führungskraft mit Personalverantwortung | 36 % |
Mehrfachnennungen möglich.
Ein sicherer Arbeitsplatz mit einer fairen Vergütung und einer angenehmen Arbeitsatmosphäre ist für jeweils etwa zwei Drittel der Mitarbeitenden ausschlaggebend bei der Wahl des Arbeitgebers.
Arbeitgeberwahl: Was Betriebe bieten müssen
Arbeitsplatzsicherheit | 68 % |
Attraktives Gehalt und Sozialleistungen | 67 % |
Angenehme Arbeitsatmosphäre | 63 % |
Finanzielle Stabilität des Unternehmens | 56 % |
Work-Life-Balance | 54 % |
Gute Schulung | 49 % |
Möglichkeit zu Homeoffice/mobiles Arbeiten | 43 % |
Gesellschaftliche Verantwortung | 36 % |
Diversität und Inklusion | 35 % |
Mehrfachnennungen möglich.
Wie ist der aktuelle Stand in den Handwerksbetrieben?
Gisela Goos, Koordinatorin der Fachkräfteinitiative der Handwerkskammer Münster, zeigt sich im Gespräch mit dem Handwerk-Magazin durchaus optimistisch. So hätten „die Betriebe das Thema durchaus auf dem Zettel. […] Work-Life-Balance, Wertschätzung, Betriebsklima und mehr – wer sich heute nicht darum kümmert, der findet keine Fachkräfte mehr.“ Doch nicht nur Gisela Goos erkennt ein neues Denken in der Branche. Dort, wo die Work-Life-Balance stimmt und Mitarbeitende ein hohes Maß an Wertschätzung erfahren, sind nicht nur die Auftragsbücher voll. Hier droht auch in der Zukunft nur in seltenen Fällen eine Personalknappheit.